Das Arbeiten in einer Corona Einheit
Der Tod – ein ständiger Begleiter…
die Angst – ebenfalls…
Ich bin Stationspflegeleitung von einem gynäkologischen Team – eigentlich…
Seit Anfang Januar arbeiten mein Team und ich im Covid Bereich…
Wir unterstützen eine internistische Station – das Personal ist knapp…
Für uns ist das alles irgendwie einem Kulturschock gleich gesetzt…
bis eben haben wir überwiegend Frauen betreut die ihre Kinder verloren haben…die einen Abbruch der Schwangerschaft in einer fortgeschrittenen Schwangerschaft erlebten…denen eine Frühgeburt zum Beispiel in der 24.SSW drohte…
viele der Krankheitsbilder hier sind uns nicht mehr geläufig – aber wir sind lernwillig…
wir sind es von unserem Fachbereich nicht gewohnt, das Menschen einfach in Krankenhäuser abgeschoben werden – aber das kann man vielleicht lernen…
in unserem Team arbeiten Kinderkrankenschwestern die es nicht gewohnt sind, alte demente Menschen zu versorgen, zu waschen…
wenn es dann auch noch ein Mann ist, der versorgt/ gewaschen werden muss, ist das nicht wirklich immer einfach…
der Tod ist hier ein ständiger Begleiter – manchmal läuft er nur so mit…zeigt sich mal hier, mal da…
an anderen Tagen schlägt er erbarmungslos zu…manchmal auch mehrmals pro Schicht…
das musst du irgendwie in deinen Kopf rein bekommen…
währenddessen da draußen – Diskussionen ob der Mensch AN oder MIT Corona gestorben ist…
das ist sowas von unwichtig – wenn du hier arbeitest…
die Menschen die hier liegen, kämpfen um ihr Leben…sie kämpfen allein…
sie haben niemanden der ihnen MUT zuspricht – außer vielleicht das Pflegepersonal, wenn es denn Zeit hat…
sie haben niemanden der ihre Hand hält…niemand der sie begleitet auf dem letzten Weg…sie gehen ganz allein…
manchmal kommen Patienten aus Pflegeeinrichtungen…sie schaffen es gerade mal so ins Krankenhaus…versterben kurz darauf…allein…
warum können diese Menschen nicht einfach in ihrer gewohnten Umgebung sterben? Begleitet von Menschen die sie kennen…
wisst ihr was es für ein Gefühl ist?
bei einem Menschen zu sitzen der dir vollkommen fremd ist…ihn anschauend…seine Hand haltend… merkend das die Atemzüge immer flacher werden…immer weniger….
Bis der letzte Moment gekommen ist…
für mich war es immer der Moment, in dem ich einem Patienten Ruhe geben wollte…
die Ruhe friedlich zu gehen…zu streicheln…zu reden…ihn anzuschauen…mich selbst von ihm verabschiedend…
das alles ist in einem COVID Bereich nicht möglich – nicht so…
die Patienten kennen dich hier nur mit Maske…ich weiß ja nicht mal wie die Kollegen alle aussehen…
wenn du die Zeit findest, dann hältst du schon mal eine Hand…aber in deinem Kopf überlegst du direkt wem du diese Zeit wieder abziehen kannst…
denn für jeden reicht sie nicht…du musst entscheiden wem du sie heute, jetzt in diesem Moment, gibst…wer hat es gerade nötiger…denn nötig haben es alle…
und dann ist da auch die Angst – was macht diese Krankheit mit uns…
nicht wenn wir sie selbst haben – das ist noch mal ein ganz anderes Thema…
aber, wenn wir nicht mehr pflegen können wie wir es eigentlich gewohnt sind…wenn wir abstriche machen müssen in der Versorgung…entscheiden müssen, wem wir unsere Aufmerksamkeit heute zukommen lassen…für alle reicht es halt nicht…
und was ist, wenn wir den Virus mit nach Hause bringen…was passiert mit uns, wenn wir unsere Familien anstecken…ungewollt…unbewusst…
Mittlerweile ist bekannt, das medizinisches Personal einer höheren Ansteckung ausgesetzt ist, auch wenn es Schutzkleidung trägt und sich an die Regeln hält…
wir sind geimpft – ja…
aber diese Impfung gibt dir ja keine Garantie…
keiner kann sagen ob du nicht trotzdem Überträger bist…ob du nicht selbst erkrankst…
die Schutzkleidung wird dein ständiger Begleiter – egal ob es draußen warm oder kalt ist…
FFP2/ FFP3 sowieso…darüber noch ein Nase Mund Schutz…
Hier ein paar Handschuh….da noch ein Kittel…Haube…Visier…
Hab ich was vergessen?
Ach und dein Umfeld ist da auch irgendwo – deine Freunde…Bekannte…Kollegen…
was passiert eigentlich mit denen?
Haben die wirklich gerade keine Zeit?
Haben sie vielleicht einfach Angst?
Bleiben sie bewusst fern?
Wird der Kontakt immer weniger? Bis er ganz abreißt?
Oder ist es nur so ein Gefühl?
Und was kannst du dagegen tun?
Nichts – du kannst nur hoffen, dass die richtigen Freunde/ Menschen in deinem Umfeld sind…
da ist soviel Wut, Verzweiflung und Hilflosigkeit in einem…man gibt sein Bestes und es scheint nicht genug zu sein…der Kampf mit anderen Fachbereichen…mit Bürokratie…der oft erhobene Zeigefinger…
Und dann ist da dieses Lachen – an manchen Tagen bleibt es dir im Halse stecken…klingt zynisch…aufgesetzt…vorgespielt…
aber es gibt auch Tage da kommt es aus tiefstem Herzen…es sprudelt hervor…ist laut…ansteckend…strotzt voller Leben…
und dann ist es egal wenn dich andere schief angucken…sagen „es ist zu laut“ „das macht man nicht“…
doch das macht man…denn es ist der einzige Moment in dem man sich einfach nur frei fühlt…
Der Moment, bevor alles wieder von vorn beginnt…