Ein Körper, der endlich ausatmen kann

Heute ist etwas passiert, das mich selbst überrascht hat:
Die Schmerzen werden weniger. Nicht verschwunden, nicht wie weggeblasen – aber sie haben ihre Schärfe verloren. Und das fühlt sich an, als hätte mein Körper, der die letzten Wochen im Daueralarm stand, endlich einen Moment gefunden, um durchzuatmen.

Ich frage mich, ob er gerade einfach runterfährt.
Ob er spürt, dass ich die Ursache gefunden habe.
Dass ich nicht mehr ziellos im Dunkeln taste, sondern dass etwas aktiv getan wird.
Dass ich versorgt werde, aufgefangen werde, verstanden werde.

Vielleicht ist es genau das.
Dieses leise, innere Umschalten von „Ich muss kämpfen“ zu „Ich darf vertrauen“.

Wochenlang war alles Spannung, alles Alarm.
Mein Nervensystem hat in Dauerschleife gesendet: Gefahr, Unsicherheit, Unklarheit.
Jeder Schmerz ein Mosaik aus körperlichem Geschehen und seelischem Aufbäumen.
Jeder Tag ein neuer Versuch, nicht zu zerbrechen.

Und heute… war plötzlich ein kleines Fenster offen.

Vielleicht ist es die Bestrahlung, die symbolisch gesagt hat: „Wir kümmern uns um die Ursachen.“
Vielleicht die Ruhe, die Gespräche, die Nähe der Menschen um mich herum.

Und vielleicht – und das fühlt sich besonders an – war es die Stunde bei der Psychoonkologin.

Es war mein erstes Mal dort.
Ich bin ohne Erwartungen hineingegangen und kam mit ganz viel heraus.
Es war spannend, warm, klar, irgendwie überraschend leicht und gleichzeitig tief.
Ein Raum, der getragen hat.
Ein Gespräch, das nicht gedrückt, sondern gelöst hat.
Eine Begegnung, die mir gezeigt hat: Da ist jemand, der mich sieht – jenseits aller Befunde, Zahlen, Ängste, Diagnosen.

Eine Stunde, die mir für einen Moment erlaubt hat, nicht nur Patientin zu sein, sondern einfach Mensch.
Ein Mensch mit Fragen, Gedanken, Hoffnungen, Brüchen – und mit dem Wunsch, das alles nicht alleine tragen zu müssen.

Und vielleicht hat auch mein Körper genau das verstanden:
„Du musst nicht mehr alles alleine halten.“

Der Schmerz wurde weicher.
Das Zittern im Hintergrund leiser.
Der Druck in der Brust ein Stück leichter.
Und dazwischen Momente, in denen ich das Gefühl hatte, ich komme ein bisschen bei mir an.

Nicht, weil alles gut ist.
Nicht, weil die Situation leicht ist.
Sondern weil etwas in mir erkennt, dass ich wieder Handlung habe.
Dass es Schritte gibt.
Dass ich nicht feststecke, sondern gehe.
Jeden Tag.
Mit jeder Behandlung.
Mit jeder Berührung.
Mit jedem Gespräch.

Und so fühlt sich dieser Tag ein bisschen an wie ein vorsichtiges Heimkommen zu mir selbst.
Wie ein Körper, der endlich sagen darf:

„Ich habe verstanden. Es passiert etwas. Du bist nicht mehr alleine.“

Es ist nur ein Anfang.
Aber es ist ein guter.
Ein leises, echtes Ausatmen zwischen all den lauten Wochen. ♥