Erinnerung 1
vorhin lag ich in der Badewanne und hatte eine Erinnerung…
da ich diesen Blog ganz zu Beginn nicht so ausführlich geschrieben habe, möchte ich dies mit diesem Beitrag doch noch mal nachholen…
ich lag in der Wanne und fühlte mich 6 Monate zurück versetzt…
es war der 04.04. – Ostersamstag…ich war eben gerade noch duschen und stand nun zum Zähne putzen vor dem Waschbecken…danach griff ich wie selbstverständlich zur Cremetube…ich wollt mich mal eben schnell noch eincremen…Paul spielte in seinem Zimmer…eigentlich sollte er sich anziehen und mein Mann stand unter der Dusche…
was war das? da war doch was…noch mal eben mit den Fingern über die Aussenseite der linken Brust gestrichen…da ist doch was…nee das kann nicht sein…die Welt dreht sich um mich rum weiter, nur meine eigene scheint still zu stehen…ich geh ins Schlafzimmer, taste noch einmal…es ist immer noch da…also noch mal vor dem Spiegel gucken…die Haut sieht auch anders aus…so ein bisschen wie ne Orangenschale…komisch zu beschreiben…und die Welt um mich rum dreht sich weiter…mit jedem tasten wird der Befund für mich grösser…prominenter…
oh Gott…es ist Samstag…ich will das mir irgendwer sagt was da los ist…
mittlerweile ist auch mein Mann mit duschen fertig…erstmal so tun als wäre alles wie immer…heute kann mir eh keiner helfen…aber ich brauche Hilfe…ich fühle mich als der größte Notfall überhaupt…
wir frühstücken…auf die Frage hin ob ich noch ein zweites Toast möchte breche ich in Tränen aus…mein Mann erscheint hilflos – ratlos…kein wunder…die Welt dreht sich schliesslich weiter…
unter Tränen berichte ich von dem Ding in meiner Brust…
er fragt wer bei uns auf Station Dienst hat…wer von den Ärzten…ich ruf meine Freundin an, denn die hat Frühdienst…sie rät davon ab in die Klinik zu kommen…es wäre niemand da der das auch nur annähernd beurteilen könne…
also was tun? ICH BIN EIN NOTFALL! ich weiss es…nur der Rest halt nicht…meine Welt steht still…für die anderen dreht sie sich weiter…
Wir fahren in eine andere Klinik…wir hätten es lassen sollen, aber ich hatte das Bedürfnis etwas zu tun…ich traf auf eine sehr junge und (selbst am Sonogerät) unerfahrene Ärztin…wie sie mir denn helfen solle…sie wüsste doch auch nicht…ich erinnere mich das ich ihr sage dann soll sie halt ihren Oberarzt holen wenn sie es nicht kann…ja aber man könne mir doch jetzt eh nicht helfen…und dann dieser eine vernichtende Satz „und ausserdem ist Krebs, wenn es so ist, kein Notfall“…in diesem Moment erklärte ich der jungen Dame das ich mich sehr wohl als Notfall empfinde…ob sie das versteht oder ob das medizinisch so ist oder nicht, ist völlig egal…ich hoffe sie wird diesen Satz nie wieder jemandem sagen…und wenn doch dann erinnert sie sich vielleicht an mich…ich hab natürlich keinen Oberarzt gesehen und die Klinik verlassen…
zu diesem Zeitpunkt wußte nun auch ich das mir heute niemand mehr helfen wird…ich würde mindestens noch bis Dienstag warten müssen…also versuchten wir Ostern so gut es ging zu überstehen…Samstag Abend fuhren wir zu meinen Eltern und übernachteten dort…Sonntag morgen brach ich bei meiner Mutter in Tränen aus…sie ist selbst Brustkrebspatientin…ich erzählte ihr alles…mein Dad kam dazu und irgendwie fühlte ich mich für den kleinen Augenblick wie die kleine Tochter die ich irgendwann mal war, zwischen meinen Eltern, die doch immer einen Rat und Hilfe für mich hatten…
ja das ist jetzt ein halbes Jahr her…seit dem ist viel passiert…ich fühle mich deutlich aufgeräumter als damals…und auch meine Welt dreht sich wieder