Gastbeitrag

Als die liebe Nicole von „Prinzessin uffm Bersch “ mich fragte ob ich für ihren Blog einen Gastbeitrag schreiben würde, sagte ich sofort ja…passiert ja öfter das ich erst rede und dann denke…
ja und deshalb saß ich dann da und dachte „was soll ich denn nun erzählen? Was erwartet sie denn von mir? und was erwarten ihre Leser?“

bei meinem Blog wissen die Leser worauf sie sich einlassen…sie bekommen immer mal wieder meinen Weltschmerz um die Ohren gehauen…aber wie ist das denn auf anderen Blogs?
ich gestehe, es hat mich einige nachdenkliche Zeit gekostet…und so richtig weiß ich es immer noch nicht…also lassen wir uns doch mal überraschen was da raus kommt…


ich wollte euch ursprünglich berichten wie das Damals war…
aber wisst ihr was?
das könnt ihr gut auf meinem Blog nachlesen…

Die Frage ist doch viel mehr, was hat diese Krankheit mit mir gemacht? Und wie geht es mir heute? Vielleicht habt ihr am Ende des Beitrags darauf eine Antwort…
sie hat mich auf jeden Fall durch die Hölle geschickt…und am Ende bin ich deutlich gestärkt und bunt daraus hervorgekommen…

mein Hauptdank liegt bei drei Menschen (es waren aber deutlich mehr daran beteiligt)…Marc, Uli und Elke…die drei waren täglich 24h für mich da…sind mit mir durch jede noch so kleine Nebenwirkung gegangen…sie haben mit mir geweint…sich einfach zu mir auf den Boden gesetzt…waren bei Gesprächen, OP Einschleusen und Chemogaben dabei…
Uli meinte irgendwann so schön „die halbe Chemo hab ich auch bekommen“…
ja, irgendwie waren wir alle drei an Krebs erkrankt…ich direkt, die anderen mehr so stellvertretermäßig…

was hat mir in meiner Zeit geholfen?
und was hilft mir noch heute?
ganz ehrlich? ich glaube meine positive Sicht auf die Dinge…keine Nebenwirkung sollte mich klein kriegen…kein böser Gedanke sich einpflanzen…
selbst Spätfolgen wie Neuropathien, dieses permanente Fallen, das Bestrahlungsödem, die Gelenkschmerzen, die fiesen dunklen Gedanken, Wortfindungsstörungen und ChemoBrain, lächle ich dreckig ins Gesicht…
denn erstmal habe ich es geschafft…
wie lange?
keine Ahnung…aber, das wissen wir ja eh nie so genau…

ganz zu Beginn habe ich mal einen Spruch gelesen…sinngemäß „Angst gaukelt dir etwas vor, was gar nicht da ist…aber dafür hindert sie dich am rationalen Denken“
stimmt…meine Ängste beruhten nämlich nicht auf Tatsachen die mit mir in Verbindung standen, sondern darauf was ich in meinem Leben als Krankenschwester auf einer gynäkologischen Station schon alles gesehen habe…

in meiner Chemozeit habe ich angefangen Sport zu treiben…einfach nur für mich…ich hatte das Bedürfnis mir etwas Gutes zu tun…die Leute im Studio kannten meine Erkrankung und mein Ziel das 01.02. hieß (da wollte ich wieder arbeiten gehen)…sie haben meine Trainingspläne auf mich abgestimmt…waren immer Ansprechpartner…

es gab ganz viele dieser Leute die einfach etwas getan haben…meistens ist es ja so das andere daher kommen und sagen „sag Bescheid wenn ich etwas tun kann“…bei mir war es anders…
mir nur weitläufig bekannte Menschen, kamen einfach vorbei…brachten Urlaubsbilder mit…berichteten von ihrem Alltag, ihrer Hochzeit oder was auch immer…das hat mir gut getan…
ebenso kam eine gute Bekannte daher und brachte mir mal eben den Lidstrich bei als meine Wimpern ausgefallen waren…
das sind die Leute die ich brauchte…die, die einfach machen und nicht fragen…

wieder andere überraschten mich mit kleinen Dingen…so bekam ich zum Beispiel ein Buch von der Dame die bei uns im Team Supervision macht…
meine Chefin erkundigte sich regelmäßig wie es mir geht…
niemand hat mich einfach vergessen…
mein Team überschüttete mich mit Nachrichten…

und vor allem, immer wenn ich am Boden lag und allein nicht wieder aufstehen wollte, dann war irgend jemand da und reichte mir seine Hand…
ich habe in den 10 Monaten der Therapie gelernt das ich meinen Koffer, den ich zu tragen habe, niemanden abgeben kann, aber ganz viele Menschen können immer mal für ein paar Meter mit anfassen…und zu wissen das du mit dem ganzen Scheiß nicht allein bist, macht es irgendwie besser/ erträglicher…

wie geht es mir heute?
abgesehen von den ganzen Spätfolgen unter denen ich leide, geht es mir gut…ich habe mich verändert, aber das blieb wohl auch nicht aus…
ich lebe…
auf meiner Haut stehen mittlerweile zwei Sprüche „der Sinn des Lebens ist leben“ und „Ich bin beides – stark und schwach“…beide stehen für mein Seelenheil…
ich habe das Gefühl das ich eine zweite Chance bekommen habe…und die nutze ich für mich…nicht um irgendwas besser zu machen, sondern einfach um das Leben zu leben, was ich leben möchte…
meine Arbeitszeit musste ich mittlerweile in der Klinik, in der ich arbeite auf 65% reduzieren…
dafür habe ich mein Hobby weiter ausgeweitet…ich habe schon immer sehr gern gelesen und mittlerweile habe ich neben meinem Fackju Blog auch einen Bücherblog, den ich betreibe…auf dem ich mit Autoren zusammen arbeite oder mit anderen Bloggern…das ist es was mir gefällt und Spass macht…das ist es, woraus ich meine Kraft ziehe…

aber, ich helfe auch anderen an Krebs erkrankten Frauen…
ich arbeite als Krankenschwester auf einer gynäkologischen Station…ich habe, kurz bevor ich meine Diagnose bekam, meine Weiterbildung zur Breast Nurse bestanden…in dem Gebiet arbeiten kann ich nicht…das ist mir mittlerweile zu nah…
aber, ich habe dafür gesorgt, dass jede Frau mit Brustkrebs bei uns eine Tasche bekommt, darin enthalten ist eine Menge Infomaterial…Postkarten…Stift und Block…Trostpflaster…Literaturlisten…Listen mit Selbsthilfeorganisationen…Traubenzucker für die Nerven und ein Herzkissen…
jede Frau bekommt die Möglichkeit mit mir in Kontakt zu treten…ich suche bewußt Gespräche mit Ihnen…nicht um als Breast Nurse zu arbeiten…sondern um die Breast Nurse und die selbst Erkrankte zu vereinen…denn wer versteht dich besser, als der der selbst erlebt hat…
Wenn ich sage „du schaffst das“ dann ist das was anderes als wenn es meine Kollegen sagen…

stolpere ich im Privaten über jemanden der die Diagnose KREBS bekommen hat, dann biete ich meine Hilfe an…ich bedränge niemanden…aber ich bin präsent…
ich glaube das ist so ein bisschen meine ganz persönliche Therapie…anderen ein bisschen helfen…Gedanken mit ihnen teilen…zuhören…
und manchmal entwickeln sich da ganz wundervolle Freundschaften draus…so wie zu meiner Freundin Alex…die mich dann im letzten Jahr ganz offiziell in ihr MatschMöpse Team aufgenommen hat…und mit der ich (mit noch einigen anderen) am Muddy Angel Run teil genommen habe…das ist es was Kraft gibt…gemeinsam mit anderen Betroffenen etwas tun…
wobei ich für mich immer gucken muss, das ich mich eher mit Menschen umgebe die auch positiv gestellt sind…

im letzten Jahr stand ich der Mitarbeiterzeitung unseres Unternehmens Rede und Antwort in einem Interview…unser Unternehmen hat ca. 7700 Mitarbeiter…
ja nun bin ich in der Tat bekannt wie ein bunter Hund…das Gespräch kann man auf meinem Blog finden…
warum habe ich dieses Interview gegeben?
ich wollte Hoffnung und Mut geben…nicht nur den direkt Betroffenen, sondern auch denen die Freunde oder Bekannte mit der Erkrankung haben…denn wenn deine Freunde die Hoffnung nicht aufgeben, dann wirst auch du sie nicht verlieren…du brauchst einfach jemanden an deiner Seite, der an das Gute glaubt, wenn es dir selbst schwer fällt…
und ich wollte Aufklärung leisten…denn auch wenn ich als gesund gelte, so bin ich davon doch meilenweit entfernt…

in diesem Sinne,
„Der Sinn des Lebens ist leben“

wenn ihr den Beitrag im Original sehen wollt dann klickt mal auf diesen Link https://www.prinzessin-uffm-bersch.de/2019/02/26/antje/