sechs Monate
He meine kleine Ma,
so habe ich dich in den letzten Monaten deiner Krankheit öfter angesprochen…
es passte zu dir als zierliche Person die du geworden bist…
sechs Monate sind nun vergangen…manchmal frage ich mich, wo ist die Zeit hingelaufen…sie läuft einfach weiter…mal schneller…mal langsamer…aber was immer gleich bleibt, das ist die Art wie du fehlst…ich habe mir so manches mal in den letzten sechs Monaten gewünscht, das wir noch einmal reden können…naja letztendlich glaube ich, das mir das „noch einmal reden“ nicht reichen würde…ich würde wieder ein neues mal wollen…es gibt Tage da denke ich es ist okay…der Schmerz wird etwas weniger…und dann gibt es Tage, da erschlägt mich der Schmerz…einfach so aus dem Nichts heraus…scheisse…
wird das irgendwann besser? ist das der Preis den ein Kind bezahlt wenn es ein so gutes Verhältnis zu seinen Eltern hatte? ich weiss es nicht…
du wirst immer einen Platz in meinem Herzen behalten…und du weisst ja, so lange jemand an dich denkt bist du nicht tot…du lebst in und durch uns weiter…
Paul erzählte gestern beim einkaufen das er mit dir einen Weihnachtsbaum gekauft hatte…vor zwei Jahren…und das der grösser war als das Auto…und deshalb hing er hinten raus…und er musste ihn fest halten…
eine schöne Geschichte…eine von vielen, von denen auch Paul zerrt…
„und jetzt ist meine Oma tot“…das kam als nächstes…und wir stellten uns beide im Supermarkt in der Gemüseabteilung vor, wie du mit Asix Baer über die Wolken hüpfst…auf uns herabschaust…und auf uns aufpasst…
ja Kinder haben ihre ganz eigene Strategie…nicht unbedingt die schlechteste…
da können wir manchmal von lernen…
vor zwei Monaten da erwischte ich mich dabei wie ich dich anrufen wollte…meine Nähmaschine geht doch immer noch nicht…und du hast mir nicht mehr erzählt wie ich sie selbst reparieren kann…hmm, und was mach ich jetzt mit den kaputten Hosen von Marc und Paul? du siehst, es sind auch die kleinen Dinge bei denen du fehlst…
wo einfach du als Mensch fehlst…dem einen fehlen deine Bratkartoffel – du weisst doch „die besten Bratkartoffel und das beste Bauernfrühstück macht meine Schwiegermutti 😉 „…dem anderen fehlt die Hilfe beim nähen…und dem dritten? das möchte ich dir garnicht erzählen…deinem Mann fehlst du in vollem Umfang… 45 Jahre, Tag ein Tag aus…die machst du nicht mal eben weg…und es wäre auch falsch…man muss lernen mit dem Verlust zu leben….schöne Worte, aber schwer umzusetzen…für uns alle…
mein versprechen, welches ich dir, zwei Tage bevor du eingeschlafen bist, gegeben habe, halte ich selbstverständlich…
immer wenn ich in Bremervörde bin, mache ich auch im Friedwald halt…ich brauche das…immer bring ich dir eine Kleinigkeit mit…mal ein Stein…mal eine Blume…vielleicht wird es irgendwann weniger…aber im Moment gibt es mir den Halt den ich benötige…
Ende September fahren wir nach Berlin…und wir nehmen Dad mit…ich freu mich drauf…gemeinsame Zeit…wird uns allen gut tun…
letztendlich merke ich schon jetzt das wir wohl ein Jahr lang alles ohne dich einmal machen müssen…vielleicht wird es dann anders…etwas leichter…
Paul war mit Dad im Urlaub gewesen…du kennst die beiden…es endete in einer lustigen Geschichte…
ja, das wollt ich dir einfach mal erzählen…vielleicht will ich dir damit auch einfach nur sagen das du uns fehlst…das du mir fehlst…
ich hab dich lieb <3
deine Antje
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